Der Goldsteig Ultralauf 2016 mit einem guten Ergebnis, auch wenn das Ziel nicht erreicht wurde.
Beim Goldsteiglauf hat man 8 Tage Zeit bis maximal 661 Km zu laufen oder halt so weit die Füße tragen. Meine Füße haben es bis Passau und damit tolle 425 Km in 6 Tagen geschafft und dann waren die Blasen und eine trocken gelaufene Hebersehne die schmerzvolle Grenze. Mit der trockenen Sehne noch 240 Km zu laufen, war mir zu gefährlich und die Schmerzen sind bei dieser Verletzung auch sehr hoch. 2010 hatte ich bereits bei einer mehrtägigen Alpenquerung diese Verletzung und kenne daher ihren Verlauf.
Zum Lauf:
Freitag 23.9.16 war um 12 Uhr der Start in Marktredwitz im Bay. Wald und ich freute mich endlich mal wieder im Trailbereich einen Lauf mit vielen Höhenmetern zu absolvieren. Leider waren zu diesem sicher extremen Lauf nur 19 Starter an der Startlinie. Wie immer läuft man zunächst einmal zu schnell an, aber das lässt sich bei so einem langen Lauf gut kompensieren, wenn man mal eine Pause macht oder ein längeres Stück langsamer läuft. Mein Ziel war es bis Montagabend ohne Schlaf durchzulaufen, da dann Gerrit und Inge mit einem Womo zur Begleitung dazu kommen sollten. 3,5 Tage ohne Schlaf und dabei immer laufen, ist natürlich eine starke Herausforderung, aber es bleibt die Möglichkeit, dass ich mich mit meinem Biwak-Sack einfach in den Wald lege und ein wenig schlafe...........
Die erste Nacht kam und es war toll so in der Dunkelheit durch die Wälder und ihren Bergen zu laufen. Ein Sternenhimmel, wie man ihn zuhause nicht sieht, da hier das Umgebungslicht fehlt und man alle Sterne und die Milchstraße viel deutlicher sieht. Die Lichtverschmutzung fehlt einfach und davon sollte ich noch einige Nächte vor mir haben. Der Samstag war wie jeder Tag sommerlich und mittags waren hohe Temperaturen, aber da wir fast nur durch Wälder liefen, hatten wir viel Schatten und die Temperaturen waren angenehm. Die Strecke wurde mit jedem KM schwieriger und die Anstiege steiler. Viele Passagen waren durch Geröll, Wurzeln oder steile Berg-Ab-Passagen nur schwer zu laufen, so das man nicht wirklich das Tempo erreichte, was möglich gewesen wäre. Die meiste Zeit habe ich an allen 6 Tagen kaum einen Menschen gesehen, da auch andere Wanderer selten waren.
Am Samstagabend kam ich an die 1. Dropbag Station bei KM 166. Dort konnte ich mal etwas Warmes essen und duschen. Mein Rucksack, der bisher mit der Pflichtausrüstung, Wasser und Nahrung ca. 11-12 Kg gewogen hatte, wurde wieder aufgefüllt, da es bis zum nächsten Dropbag 100 Km zulaufen waren und keinerlei Verpflegungsstationen mehr kamen. Nach nur 1 Std Pause ging es schon weiter. Die meisten Läufer machten hier ihre erste Schlafpause von 2-4 Std. Michael, der Veranstalter, hielt es für schwierig, wenn ich bis zum 2. Dropbag bei KM 265 ohne Schlaf auskommen wollte, aber ich weiß, dass ich 60 Std. ohne Schlaf schaffen kann, aber für die nächsten sehr schweren 100 KM mit vielen Höhenmeter und schweren langen Geröllstrecken musste man 20-30 Std. rechnen.
Es ging um 23 Uhr weiter und die Dunkelheit ist in den Wäldern wirklich enorm. Ich kam mit meiner Stirnlampe gut zurecht und die Geräusche der Nacht lernt man schnell kennen. Die 100 KM zum nächsten Verpflegungspunkt waren viel schwerer, als die ersten 166 KM, da hier von Beginn an Trailstrecken zu laufen waren. Es wurde immer schwerer von der Steilheit und vom Untergrund. Viele Passagen waren reine Geröllstrecken, auf denen ich als Flachländer wirklich nur relativ langsam vorwärts kam, besonders in der Dunkelheit.
Zeitsprung: Montag ca. 16 Uhr kam ich beim Dropbag 2 an und hatte die 265 KM komplett ohne 1 Minute Schlaf geschafft. In der Nacht von Sonntag auf Montag hatte ich mich an einem Berg immer wieder verlaufen, da man zwischen Felsformationen mehrere Möglichkeiten hatte den richtigen Weg zu finden. Der GPS-Track war da leider kaum eine Hilfe, da er zu ungenau war und ich verlor viel Zeit und Kraft. Die GPS-Tracks sind eine große Hilfe den richtigen Weg zu finden, aber es gibt immer mal Ungenauigkeiten oder Teile vom Wald waren gesperrt oder einmal fehlte eine Brücke und dann muss man sich Alternativrouten suchen.
Michael begrüßte mich am Verpflegungspunkt persönlich, da nur selten jemand bisher die 265 KM durchgelaufen ist. Gerrit und Inge standen bei ihm am Womo und ich freute mich riesig meine Familie zusehen. Jetzt wurde geduscht, gegessen und die Planung der nächsten Tage im Womo durchgesprochen. Von 20 Uhr bis 22 Uhr wurde geschlafen und 23 Uhr war ich wieder auf Tour. Inge und Gerrit sollten solange schlafen, wie sie es brauchten, da ich im Rucksack wieder genügend Wasser und Nahrung hatte.
Jeden Tag hier aufzuschreiben, wird ein wenig viel, darum eine Art Zusammenfassung:
Das Womo wurde von Gerrit super gefahren und am Live-Tracking, den es gab, konnte er immer sehen, wo ich war. Er suchte dann eine Straße, die den Goldsteig Wanderweg querte und wir uns treffen konnten. So hatte ich alle 4-8 Std. die Möglichkeit neues Essen in den Rucksack zu packen und musste nicht mehr so viel mitnehmen. Das Gewicht war jetzt immer um die 9-10 Kg und wurde überhaupt kein Problem. Ich hatte den Rucksack zuhause mit Neopren an den Schulterauflagen gepolstert und das zeigte sich als top Lösung. Leider wurde das Womo auch zur Blasenversorgungsstation, da sich diese immer mehr bildeten. Im Vorfeld des Laufes war das schon meine Hauptsorge und ich habe alles probiert die Füße auf diesen Lauf vorzubereiten. Nur das ewige Berg hoch und runter und besonders die vielen Geröllpassagen über Stunden bin ich einfach nicht gewohnt und zeigt sich immer wieder als Problem für meine Füße. Die Blasen unter den Fußballen habe ich dann mit Neopren abgedeckt und an den Blasenstellen Löcher eingeschnitten, dadurch wurden die Blasen nicht so belastet. Es war wirklich eine Hilfe. Dienstags bin ich 3 Mal mit dem rechten Fuß an Wurzeln hängen geblieben. Nichts Schlimmes aber bis zum Donnerstag entwickelte sich daraus eine trockene Sehne. 2010 bei einer mehrtägigen Alpenquerung hatte ich diese Verletzung schon einmal und kenne sie daher.
Von Mittwoch auf Donnerstag wollte ich von 1 Uhr bis 3 Uhr schlafen, aber als ich um 3 Uhr aufstand, war das Sprunggelenk komplett steif geworden und damit konnte ich nicht durch die Nacht laufen. Die Trittsicherheit war einfach nicht da. So blieb ich bis 5.30 Uhr liegen und startet um 6 Uhr um die nächsten 45 KM bis Passau noch zu schaffen. Passau ist ein gutes Ziel, da man dann die Nordroute komplett gelaufen ist. Für mich war nicht klar, ob ich es mit der Sehne schaffen würde, aber wollte das minimal Ziel unbedingt dann doch noch erreichen. Ich kam zunächst besser vorwärts als gedacht und war schon sehr optimistisch. Nach 25 Km ging es dann zum Dreisessel hoch und danach musste man über das "Steinerne Meer" runter. Es ging nur noch über Geröllfelder und ich war Stunden damit beschäftigt mit meinen von Blasen gezeichneten und schmerzenden Füßen von einer Steinplatte zur nächsten zu hüpfen. Dazu kam die Unbeweglichkeit im Sprunggelenk. Diese lange Passage hat meiner Sehne definitiv den Rest gegeben und die linke fing jetzt auch schon an sich bemerkbar zu machen.
In Passau war dann nach 425 KM Ende für mich. Ich bin 6 Tage durch den Bayerischen Wald gelaufen und alles fast ohne Schlaf. Körperlich fühlte ich mich bis zum Schluss fit, habe mich auf ungewohntem Trail Geläuf gut geschlagen und mich mit meinem Navigationsgerät angefreundet ;-). Ich weiß nicht, ob oder wann ich in absehbarer Zeit erneut so eine Distanz nonstop laufen werde. Meine Bestmarke ist gesetzt, ob nun am Ende des Goldsteigs oder nach 425 KM. Es war ein tolles Erlebnis und hat mich abseits des normalen Alltages geführt und zwar mehr, als jeder andere Wettkampf.
Fazit: Für einen Flachländer wie mich kommen nicht nur die Höhenmeter dazu, sondern auch die wirklich langen Passagen mit nur Geröll. Nicht zu vergessen sind die Füße, die alle Strapazen mitmachen müssen, auch wenn sie kalt, nass oder heiß gelaufen sind. Der Goldsteig ist auch für Ultra-Läufer ein extremer Lauf. Am Ende war es fast zu viel Wald, da passt dann schon die Bezeichnung "grüne Hölle", da man oft lange nichts sieht außer Bäume. Es ist halt kein Alpenlauf, bei dem man auch mal über der Baumgrenze läuft und tolle Fernblicke über die Berge hat. Das Goldsteig Ultrarace ist ein Abenteuer, aber auch eine Herausforderung an Körper, Geist und der Fähigkeit mit wenig Schlaf auszukommen. Nur 1 Woche nach dem Lauf lag auf der höchsten Erhebung, dem Großen Arber, 10 cm Neuschnee, der bleib mir zum Glück erspart, genauso wie lange Regenpassagen.
Nach dem Ultra ist vor dem Ultra..... In diesem Sinne "Ultra muss es sein"